Selbstentfaltung

VonJudith Mücke

Selbstentfaltung

DSCF7391Selbstentfaltung ist ein Prozess, der im Grunde permanent in uns stattfindet.

Wer also Selbstentfaltung anstrebt, der will etwas erreichen, was ohnehin unentwegt geschieht. Unser Selbst ist eine reine schöpferische Kraft, sie ist unser ureigenstes Wesen, die unseren Gedanken, Gefühlen, unseren Mustern, Prägungen, Überzeugungen und Motivationen folgt. Wir können gar nicht anders, als schöpferisch zu sein. An diesem Punkt hat kein Mensch wirklich eine Wahl. Unsere Bestimmung ist es, herauszufinden, was wir mit dieser Kraft anstellen wollen.

Mir ist in den letzten Jahren aufgefallen, dass es fast unmöglich ist, wirklich selbstbestimmt zu sein bzw. ein selbst bestimmtes Leben zu führen, wenn wir:

  1. familiär belastet sind

  2. nicht wissen, wer oder was wir sind

  3. und keine Ideen davon haben, wie unser Leben aussehen soll

Ist ein Mensch familiär belastet, dann ist er auf eine Art und Weise mit den Erfahrungen eines Familienmitgliedes verbunden oder identifiziert, dass der Rest seiner Persönlichkeit nichts weiter machen kann, außer sich diesem Umstand pausenlos anzupassen. Nur so kann sich die Persönlichkeit in ihrem Alltag im Gleichgewicht halten.

Oft haben wir nicht einmal eine Ahnung davon, dass wir in der Tiefe unserer Persönlichkeit familiär belastet sind. Was wir jedoch erleben, ist, dass es Lebensbereiche gibt, in denen wir uns, einfach nicht entfalten können, so, wie wir es vielleicht gern hätten. Im Laufe der Zeit wird dieser Zustand einfach immer unangenehmer, beschwerlicher, ermüdender oder auch stressiger. Es findet sozusagen auch hier eine Entwicklung statt, jedoch eher in Richtung Begrenztheit, Beschränktheit und Knappheit anstatt in all die Möglichkeiten, in Weite und Fülle.

Daher sehe ich die Ablösung familiärer Belastungen als eine wichtige Voraussetzung an, um sich selbstbestimmt entfalten zu können.

Eine weitere Grundlage zur bewussten Selbstentfaltung ist die Erkenntnis darüber, wer oder was ich bin. Denn wenn ich nicht weiß, wer oder was ich bin, kann ich auch nicht zu dem werden, was ich sein und leben möchte.

Wenn wir einmal mit dem Gedanken spielen, dass wir immer das sind, das leben und erleben, wozu wir uns irgendwann einmal, bewusst oder unbewusst, entschieden haben, dann wird uns klar, dass wir sehr machtvoll sind. Selbsterkenntnis bedeutet in diesem Sinne, anzuerkennen, welche Wahl wir getroffen haben.

Demnach haben wir ein Leben auf der Erde gewählt, bei genau diesen Eltern, in genau diesem sozialen und gesellschaftlichen Umfeld. Wir haben vielleicht gewählt, den Schmerz der Mama in uns aufzunehmen, um sie zu entlasten. Wir haben uns eventuell mit den unverarbeiteten Ängsten des Großvaters oder mit der abgespalteten Trauer der Großmutter identifiziert, weil diese Gefühle zwischen uns und unseren Eltern standen und wir ihnen doch nur nah sein wollten. Dann haben wir vielleicht gewählt, ein Leben im Mangel oder in Beziehungslosigkeit zu führen oder wir sind in eine Opferrolle geschlüpft oder haben eine Krankheit gewählt, vielleicht auch eine permanente Überlastung, in der wir schnell wütend oder ohnmächtig werden – dies jedoch nur aus einem Grund, aus dem Versuch heraus, uns selbst im Gleichgewicht zu halten.

Wir haben also gewählt. Und wenn wir unsere ganz persönliche Wahl nicht An-erkennen, dann können wir auch keine neue Wahl treffen. Unsere Wahl bleibt immer bestehen, bis wir sie aufgeben. Wir können uns erst etwas abgewöhnen, etwas loslassen, ablegen oder dort hin schicken, wo es hingehört, wenn wir es „in den Händen halten“, wenn wir es greifen können, be-griffen und erkannt haben. Überspringen wir diesen Punkt und treffen wir eine neue Wahl, ohne die alte Wahl erkannt zu haben, dann erzeugen wir völlig widersprüchliche innere Haltungen und wundern uns, dass nicht das am Ende bei heraus kommt, was wir uns eigentlich vorgestellt hatten.

Um nun die Selbstentfaltung für uns in eine nützliche und dienliche Form zu bringen, können wir uns mit den Fragen beschäftigen: Wie will ich denken und fühlen, wie ich bisher noch nicht gedacht und gefühlt habe? Wie will ich sein, wie ich bisher nicht gewesen bin? Wie will ich auftreten, reagieren und leben? Welche Ausstrahlung möchte ich haben? Was möchte ich machen, erreichen und zur Entfaltung bringen? Was möchte ich besitzen?

Während der Selbstentfaltung unterstützt unser Selbst all das, was wir wollen. Lösen wir unsere schicksalshaften Verstrickungen und haben wir erkannt, wer und was wir sind, dann brauchen wir neue Ideen, sonst wird einfach weiterhin das sein, was wir schon kennen.

Es kann sein, dass uns das, was wir schon kennen, ein Gefühl der Sicherheit gibt. Das, was wir schon kennen, kann uns aber auch langweilig vorkommen, weil es eben immer das selbe ist. Daher ist es manchmal gut, einiges in unserem Leben zu installieren, was wir immer wieder wollen und anderes, das sich immer wieder verändert und entfaltet. Das können wir frei wählen, nach dem Motto:

Was ich will und wertschätze bleibt, was ich anders haben will, ändert sich so, wie ich es mir vorstellen kann.

Über den Autor

Judith Mücke administrator

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