Vom Umgang mit dem Inneren Kind – Teil I – Selbstwahrnehmung

VonJudith Mücke

Vom Umgang mit dem Inneren Kind – Teil I – Selbstwahrnehmung

DSCF6342Unser Inneres Kind ist unsere feinste Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Reaktionsebene. Hier sind wir feinfühlig und sensibel, aber auch abhängig, bedürftig, auf Schutz angewiesen und am schwächsten in uns. Es ist der Teil, der oft die stärksten Belastungen in sich trägt und daher besonders unsere Hilfe benötigt.

Wenn wir unser inneres Kind fühlen, dann kann es sein, dass wir Ängstlichkeiten, Unverbundenheit, viele Arten von Traurigkeit, Wertlosigkeit, Bedürftigkeiten, Verlassenheitsgefühle, Einsamkeit, Unsicherheit, Schamgefühle, aber auch innere Zurückgezogenheit und Gefühllosigkeit spüren.

Ich werde immer wieder gefragt, wie ein guter verantwortungsbewusster Umgang im Alltag, mit dieser Ebene, praktisch gelebt werden kann. Deshalb werde ich heute über den Zugang zum inneren Kind schreiben und im zweiten Teil über den praktischen Umgang mit unserem inneren Kind.

Bevor wir mit der Inneren-Kind-Ebene umgehen können, muss sie für uns greifbar, erlebbar und nachvollziehbar sein. Wenn Sie die oben beschriebenen Gefühle erleben, dann können Sie erst einmal davon ausgehen, dass dies Ihre Innere-Kind-Ebene ist. Sie können aber auch mal die drei folgenden Wahrnehmungsübungen ausprobieren:

  • Setzen Sie sich in einen Raum oder in die Natur und versuchen Sie ganz offen zu sein, um die Atmosphäre um sich herum zu erspüren. Konzentrieren Sie sich mit offenen Augen auf die feinste Ausstrahlung und Stimmungen, die auf Sie einströmen. Diese Form der Wahrnehmung kann nur über Ihr inneres Kind geschehen. Nun kann es passieren, dass plötzlich in Ihnen unangenehme Gefühle, auch Schwere, Dumpfheit und Erschöpfung aufsteigen oder körperliche Beschwerden spürbarer werden – und schon haben Sie Zugang zu Ihrem inneren Kind. Natürlich können auch positive Gefühle in ihnen aufsteigen, die Sie dann einfach genießen können.

  • Wenn Sie mit einem oder mehreren Menschen zusammen sind, dann spüren Sie ganz bewusst in die Atmosphäre Ihrer Verbindung zu den Menschen hinein. Wie fühlt es sich an, anderen Menschen nah zu sein? Was läuft ohne Worte zwischen ihnen und ihren Mitmenschen ab? Legen Sie ihren Focus auf ihr Befinden, auf die Gefühle und auf die Atmosphäre um sich herum. Nun kann es passieren, dass Sie auch hier Unwohlsein empfinden werden, dass Sie schwallartig von fremden Gefühlen überschwemmt werden, dass Sie sich bedroht und belästigt fühlen, dass Sie fest oder starr werden oder Sie sich plötzlich traurig, allein, schuldig, schamvoll, gedemütigt oder wertlos fühlen. Das alles sind Empfindungen und unverarbeitete Gefühle, die aus Ihrer inneren Kind Ebene aufsteigen können.

  • Als dritte Möglichkeit können Sie über Körperempfindungen einen Zugang zu ihrem inneren Kind bekommen. Fühlen Sie ihren Körper. Dorthin, wo es drückt, eng ist, schmerzt, zieht oder brennt. Diese Körpersignale sind Ausdruck unserer inneren Kinder. Bleiben Sie mit ihrer Aufmerksamkeit bei ihren Körperempfindungen bis daraus Gefühle werden.

Sie sehen schon, es kann etwas unbehaglich werden, wenn wir uns für diese Ebene öffnen. Doch es lohnt sich, denn wer es gelernt hat, mit dem inneren Kind in einem verantwortlichen Kontakt zu sein, der fühlt sich bald viel wohler, gesünder und einfach besser mit sich. Und auch unsere zwischenmenschlichen Beziehungen werden dadurch klarer, harmonischer und entspannter.

Wir sind schon wahre Meister darin, diese Ebene zu verdrängen oder uns von ihr abzulenken, verständlich, denn was uns von dort entgegen kommen kann, will normalerweise kein Mensch haben. Vor allem nicht, wenn es negative Gefühle sind und wir nicht wissen, was wir damit machen sollen, wie wir damit umgehen können und vor allem, wie sie wieder weg gehen.

Es gibt aber auch Menschen, die sich viel zu stark mit der Inneren-Kind-Ebene identifizieren. Sie sind dann permanent Gefühlen ausgesetzt, mit denen sie nicht so gut durchs Leben kommen können. Das Erwachsenendasein ist dann irgendwie zu viel, zu schwer, zu anstrengend und zu kompliziert. Wir fühlen uns dem Leben dann nicht gewachsen. Na klar, weil es durch die kindlichste Ebene in uns erlebt und gelebt wird. Kinder können ja auch nicht mit der Fülle des Lebens ohne Unterstützung eines Erwachsenen umgehen. So ist es auch in uns. Unsere Innere-Kind-Ebene braucht uns.

 

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Judith Mücke administrator